Eben saßen wir noch Abende lang im Park, sind am Wochenende an diverse Seen gefahren und haben uns durch die Kölner Eisdielen geschleckt – und auf einmal ist es Herbst! Temperatursturz, einsetzender Nieselregen und die Blätter fallen nicht mehr nur wegen der Trockenheit von den Bäumen. Aber alles kein Grund für Traurigkeit, denn es fallen noch andere tolle Sachen auf die Straße: Kastanien! Und die sind nicht nur klasse Handschmeichler, sondern können sich auch im Haushalt richtig nützlich machen. Wie, verraten wir dir hier:
Heimische Waschmittel-Alternative
Indische Waschnüsse sind in Deutschland offenbar derart beliebt, dass sie es mittlerweile schon in gewöhnliche Drogeriemärkte geschafft haben. Dabei braucht keine einzige Nuss einen Ozean überqueren, damit eure Wäsche ganz natürlich wieder sauber wird. Denn sogenannt Saponine, Stoffe, die einen stabilen Schaum erzeugen und eine Waschfunktion haben, sind nicht nur in den Schalen der tropischen Waschnuss, sondern auch in ganz gewöhnlichen Rosskastanien in hoher Konzentration enthalten. Das sind die, die sich nicht essen, aber mit Zahnstochern zu allerhand Männchen zusammenstecken lassen.
Das Glück liegt auf der Straße
Wenn ihr das nicht glaubt, probiert es doch selbst aus. Beim nächsten Herbstspaziergang einfach einen Beutel mitnehmen und die Augen aufhalten. In der Nähe unseres Standorts auf der Venloerstraße 414, in Ehrenfeld gibt es jede Menge Kastanienbäume, zum Beispiel auf dem Melatenfriedhof. Ihr könnt auch auf mundraub.org schauen, ob in eurer Nähe Kastanien eingetragen sind. Aber Achtung, nehmt nicht zu viele auf einmal mit, wenn ihr nicht so viel Zeit zum Weiterverarbeiten habt. Denn stellt man den Beutel erstmal in eine Zimmerecke, schimmeln die Kastanien darin leicht – auch wenn sie beim Sammeln nicht nass waren. Breitet ihr sie dagegen schön aus, beispielsweise auf einer Fensterbank, passiert das nicht und es sieht vielleicht auch ganz hübsch aus. Doch innerhalb von wenigen Tagen werden sie steinhart sein.
Unters Messer
Um an die schäumenden Stoffe zu kommen, müssen wir die Kastanien aber zerkleinern. Manche machen das wohl einfach mit einem Hammer, unmittelbar vor dem Waschen. Wir fanden folgende Methode am effektivsten.
Ihr braucht:
- Schneidebrett und scharfes Messer
- Platz zum Ausbreiten, z.B. Backblech, Fensterbank
- Standmixer, für Nüsse geeignet
- Ofen
- Behälter, z.B. große Einmach- oder Schraubgläser
Anleitung:
- Schneide die Kastanien (nur die braunen Früchte, ohne die grüne Außenschale) in Viertel. Das geht am besten, wenn sie noch frisch sind. Wenn du die Möglichkeit hast, lass die Viertel ein oder zwei Tage ausgebreitet liegen.
- Dadurch schrumpelt das Innere ein bisschen zusammen und man kann die harte braune Schale meistens gut mit den Fingern abziehen oder den Kern herausdrücken. Das ist nicht zwingend notwendig, schont aber erstens euren Mixer und zweitens verhindert es, dass sich besonders auf weißer Wäsche ein Grauschleier bildet.
- Häckselt die Kastanien vorsichtig im Mixer zu kleinen Stückchen. Wenn ihr nicht gerade einen Hochleistungsmixer habt, tastet euch hier vorsichtig vor und macht öfter mal Pausen, damit das Gerät nicht überhitzt.
- Ihr werdet merken, dass diese Stückchen immer noch ein bisschen feucht sind. Lasst sie also unbedingt noch ein paar Tage an der Luft trocknen. Noch besser ist es, ihr schiebt sie, ausgebreitet auf einem Backblech nach dem Kuchenbacken in die Abwärme des ausgeschalteten Ofens oder dörrt sie auf unterster Stufe für etwa 30 Minuten. Wenn ihr mit den Fingern hindurch „harkt“ und die Kastanien sich trocken anfühlen, könnt ihr sie als Vorrat in große Schraub- oder Einmachgläser füllen.
- Für einen Waschgang gebt ihr 3-4 EL der Kastanien-Häcksel in eine Schüssel und übergießt sie mit ca. 0,2ℓ kochendem Wasser und lasst diesen Sud etwa zehn Minuten ziehen. In der Zwischenzeit könnt ihr schon mal die Waschmaschine beladen. Dann die Kastanienstückchen abseihen (oder mit einem Kochlöffel oder Deckel zurück halten), den Sud wie ein Flüssigwaschmittel in das Waschmittelfach der Maschine geben und wie gewohnt waschen. Die Kastanienstückchen sind natürlich kompostierbar.
Extratipp: Synthetisches Waschmittel enthält meist noch Wasserenthärter. In Gegenden mit so kalkigem Wasser wie Köln solltet ihr daher noch einen Schuss Apfelessig oder einen Teelöffel Waschsoda ins Waschmittelfach dazu geben. Die Säure stört die Saponine aus den Kastanien nicht, die tun trotzdem ihren Dienst.
Einwand: Saponine sind giftig für Fische. Wenn ihr Kastanien als Waschmittelalternative benutzt, müsst ihr aber dennoch keine Angst haben, damit ein verstärktes Fischsterben auszulösen. Zunächst einmal ist jede Benutzung von Waschmitteln – ob bio, konventionell oder Nuss – natürlich eine Umweltbelastung. Allerdings wird dieses beim Waschen in der Maschine und dann über die Kanalisation stark verdünnt, vor allem aber in Deutschland geklärt, bevor es wieder in Gewässer eingeleitet wird. Siehe dazu auch diesen interessanten Artikel von Shia auf „wastelandrebel“: https://wastelandrebel.com/de/vergiften-wir-fische-wenn-wir-mit-kastanien-waesche-waschen/
Autorin: Leonie Groß